Handwerk und Wirtschaft

Sehr geehrte Führungskräfte und Mitarbeiter:innen in Handwerk und Wirtschaft,
funktionsfähige und in die Kommunen vernetzte Schulen haben auch für Handwerk und Wirtschaft in unserem Land eine wesentliche Bedeutung. Im Folgenden finden Sie wichtige Informationen dazu.
Helfen Sie bitte mit, dass Baden-Württemberg Schulen schafft, die jedes Kind wirklich zu seinem individuellen Leistungsvermögen führt und jedes fit für die Welt von morgen macht. Wir stellen auf dieser Webseite Hintergrundwissen und praxiserprobte Lösungen vor, die in allen Schularten umsetzbar sind. Viele Schulen würden sich gerne auf den Weg machen, haben aber mit Hemmnissen zu kämpfen. Wenn Betriebe, Kommunen, Wähler:innen gemeinsam an einem Strang ziehen, können diese Hemmnisse endlich beseitigt werden.
Unterstützen Sie bitte die Forderungen der Petition Neue Lernkultur - Jetzt!, damit im kommenden Koalitionsvertrag 2026 wesentliche Schritte dafür vereinbart werden. Sprechen Sie mit anderen Menschen darüber - wirken Sie mit Ihren Möglichkeiten mit, eine Trendwende in BW zu erzeugen.
Unsere Arbeitswelt braucht Fachkräfte und Menschen, die innovativ zusammenarbeiten können
Deutschlands Unternehmen fehlt der Nachwuchs. Immer mehr Betriebe können freie Stellen nicht besetzen – für viele Stellen gibt es nicht einmal Bewerbungen. Das hat gravierende Folgen für die Wirtschaft und die Gesellschaft. Der demografische Wandel tut sein Übriges: In den kommenden Jahren treten viele „Babyboomer“ in den Ruhestand ein – die Lücke droht noch größer zu werden. Die Veränderungen bemerken viele Bürger jetzt schon, zum Beispiel an kürzeren Öffnungszeiten und spürbar längeren Wartezeiten. Problematischer wird sein, dass Unternehmen Aufträge nicht mehr annehmen können, weil sie nicht abzuarbeiten sind. Die Folgen des Mangels werden unser gesamtwirtschaftliches Wachstum bremsen und damit zu Wohlstandverlusten führen.
Mehr als die Hälfte der Betriebe, die Ausbildungsplätze anbieten, hatten 2023 mit unbesetzten Lehrstellen zu kämpfen.
Aus Sicht der Betriebe ist vor allem ein Mangel an geeigneten Bewerbungen ursächlich für die Nichtbesetzung von Ausbildungsplätzen. Darüber hinaus hat im Zeitverlauf auch das generelle Fehlen von Bewerbungen merklich an Bedeutung gewonnen.
Quelle: IAB-Betriebspanel 2013- 2023 Mangel an geeigneten Bewerbern
Aus Sicht der Betriebe ist vor allem ein Mangel an geeigneten Bewerbungen ursächlich für die Nichtbesetzung von Ausbildungsplätzen. Darüber hinaus hat im Zeitverlauf auch das generelle Fehlen von Bewerbungen merklich an Bedeutung gewonnen.
Quelle: IAB-Betriebspanel 2013- 2023Weniger und qualitativ schlechtere Bewerbungen
Aus Sicht der Betriebe ist das größte Problem, dass sich immer weniger junge Leute bewerben - und dass die Qualität der Bewerbungen sinkt, sagt Thomas Fahlbusch, der bei der IHK Erfurt den Bereich Aus- und Weiterbildung leitet: "Das betrifft zum einen die schulischen Voraussetzungen, wenn es um mathematische Fähigkeiten geht, oder wenn ich in die sprachliche Qualifikation reinschaue. Hinzu kommen natürlich auch die sogenannten Soft Skills, wenn es darum geht, wie zuverlässig oder wie pünktlich jemand ist."
Quelle: MDRFortschreitende Akademisierung und Minderbewertung der beruflichen Bildung
wenn immer mehr junge Menschen studieren, gilt das als marktnah und zeitgemäß und wird von der Politik als Erfolg gefeiert. Die „Akademisierung“ mit ihrem Versprechen erheblicher Status- und Einkommensvorteile hat aber Folgen: Das europäische System der Bachelor- und Master-Studiengänge hat den Anteil der Studierenden durch Verkürzung der Verweildauer in die Höhe schnellen lassen, mit der Gefahr, Hochschulbildung in eine Berufsbildung ohne klare Perspektive zu verwandeln. In den Vergleichen der OECD werden Länder wie Deutschland, die wegen ihrer gut entwickelten nicht-akademischen dualen Berufsausbildung weniger Akademiker ausbilden, meist schlechter bewertet als Länder, die stärker auf den Ausbau der Hochschulausbildung setzen. Damit ist unweigerlich die Abwertung der beruflichen Bildung verbunden, die mehr und mehr als Sackgasse angesehen wird.
Quelle: BPBWert der dualen Ausbildung
Im Vergleich zu anderen Ländern ermöglicht die duale Berufsausbildung in Deutschland sehr viel mehr Jugendlichen einen reibungslosen Übergang in den Arbeitsmarkt – die Jugendarbeitslosigkeit ist in Ländern mit dualer Berufsausbildung besonders gering. Entscheidend ist, dass das Fähigkeitsprofil der dualen beruflichen Bildung – anders als das in vielen Ländern verbreitete "Training-on-the-Job"-Modell – auf vielseitig einsetzbare Arbeitskräfte setzt: Sie werden nicht für eine eng umgrenzte Tätigkeit in einem bestimmten Betrieb qualifiziert. Vielmehr erlernen die Auszubildenden einen ganzheitlichen Beruf. Dieser befähigt sie, unabhängig vom konkreten Arbeitgeber, zur Bewältigung unterschiedlicher Aufgaben, die im Arbeitsprozess anfallen. Die duale berufliche Bildung führt zu einem Pool qualifizierter Arbeitskräfte mit aufgaben‐orientierten und transportablen Fähigkeiten. Dieser Pool steht den mittelständischen Betrieben, der Industrie und den industrienahen Unternehmen zur Verfügung und ermöglicht damit offene und flexible Arbeitsmärkte.
Berufliche Bildung unter Druck
Seit den 1970er Jahren steht die berufliche Bildung unter Druck. Das Modell der gesellschaftlichen Integration möglichst aller Jugendlichen, die keinen Hochschulabschluss anstreben, leidet mit.
- In dem Maße, wie auch in beruflichen Ausbildungsgängen theoretisches Wissen an Bedeutung gewann, steigerten die Betriebe im Einvernehmen mit den Gewerkschaften die Anforderungen an die Auszubildenden. Zum ersten Mal entstand das Problem der "Ausbildungsfähigkeit". Vor allem den Hauptschulen gelang es nicht mehr, alle Jugendlichen auf eine berufliche Ausbildung vorzubereiten. Daher stieg der Anteil der Jugendlichen, die nach der Schule keinen Ausbildungsplatz bekommen und stattdessen in eine der zahlreichen berufsvorbereitenden Maßnahmen des sogenannten Übergangssystems wechseln.
- Die Öffnung der Hochschulen entzog der Berufsbildung viele leistungsfähige junge Menschen, weil die Hochschulbildung ihnen bessere ökonomische Aussichten und höheres Sozialprestige in Aussicht stellte.
Ein Vorteil der dualen Berufsausbildung ist im Unterschied zu den Ländern, die diese nicht haben, dass nahezu alle Jugendlichen, die eine berufliche Ausbildung durchlaufen haben, auch Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen. Für Jugendliche, die aufgrund ihrer mangelnden "Ausbildungsfähigkeit" oder wegen zu geringer Ausbildungsangebote keinen Ausbildungsplatz erhalten, bedeutet dies allerdings: Keine Ausbildung – kein Job. Arbeitslose Jugendliche in Deutschland gehören fast ausschließlich zu dieser Gruppe der Menschen ohne Berufsausbildung.
Unsere Gesellschaft wird als "Wissensgesellschaft" bezeichnet. Was folgt daraus für die Bildungspolitik?
Bei zunehmenden Informationsmengen, die in Wirtschaft, Technik, Kultur und im täglichen Leben verarbeitet werden müssen und die für das Funktionieren dieser Lebensbereiche zum großen Teil unentbehrlich werden, wird Bildung immer wichtiger. Die höheren Anforderungen der Arbeitswelt an soziale und personale Kompetenzen erfordern besser (aus-)gebildete Arbeitskräfte. Dabei geht es einerseits um höhere Qualifikationen, um mit den immer anspruchsvolleren technologischen Entwicklungen Schritt halten zu können. Andererseits geht es um die genannten sozialen und personalen Fähigkeiten: Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit, die Fähigkeit längerfristige Prozesse zu überblicken und auch bei Rückschlägen durchzustehen.
Unser Schulsystem produziert aber zu viele Verlierer, denen es an og. Kompetenzen und sozialen Fähigkeiten mangelt. Ohne baldige Transformation der ursächlichen Strukturen, werden weitere Kinder-Generationen nicht die Chancen bekommen, die ihnen auch vom Recht her zustehen.
Die Landespolitik sollte alles dafür tun, dass Schulen ihre Funktionen erfüllen können
Schulen müssen zu offenen Orten werden, in denen alle Kinder willkommen geheißen sind und alles dafür getan wird, dass sie lebensnah lernen können. Dazu gehören Sprachförderung bereits in den Kitas und verlässliche Verantwortungsteams für jede Grundschulklasse. Es geht nicht darum, Kinder frühstmöglich zu sortieren, sondern ihnen die Möglichkeit zu geben, ihr Potential zu entwickeln, die Welt kennenzulernen, das Denken zu lernen und Selbstwirksamkeit zu erfahren. Beim Lernen in sinnorientierten Projekten erleben die Heranwachsenden, was es heißt, Verantwortung zu übernehmen und zusammenzuarbeiten. Gute Bildung braucht Zeit und Beziehung. Schule muss daher neu gedacht und auf diese Anforderungen ausgerichtet werden!
Praktika und vielfältige Berufsorientierung
Unsere Informations- und Wissensgesellschaft verspricht einerseits Demokratisierung, Enthierarchisierung, politische Vernetzung und den chancengerechten Zugang zu Bildung. Doch andererseits birgt sie die Gefahr sozialer Verarmung, der Reizüberflutung und des Verlustes gesicherter Wissensbestände.
Unsere Jugendlichen sollten an einen kritischen Umgang mit den neuen Informationstechnologien herangeführt werden. Grundlage dafür ist, dass sie in ihrer Schulzeit auch möglichst viele reale, sinnliche Erfahrungen mit den Phänomenen unserer Welt machen können. Lebensnahe Projekte, außerschulische Lernorte, Praktika, vielfältige Berufsorientierung und Wertschätzung aller Talente gehören unbedingt dazu.
Inklusive, wohnortnahe Schulen von Klasse 1- 10/13, lebendig in ihre Umgebung vernetzt,
fördern gegenseitige Anerkennung und Vielfalt. Dieses Miteinander braucht unsere demokratische Gesellschaft. Kinder haben so die Zeit und die Ruhe, um ihr Potential entwickeln und aufbauen zu können. Schulen sollten nicht weiter den Schwerpunkt darauf legen müssen, neunjährige Kinder nach Leistung zu sortieren. Sie sollten so strukturiert und ausgestattet werden, dass sie jedem Kind zum Aufbau verhelfen und professionell arbeiten können. Nur so werden Betriebe, weiterführende Schulen und Hochschulen in Zukunft gut aufgestellte junge Menschen aufnehmen können.
Zu lange hat die Bildungspolitik weggeschaut
und von Wahlperiode zu Wahlperiode geflickschustert. Der landauf landab zunehmende Personalmangel, durch das Ausscheiden der Babyboomer-Generationen aus ihrem Berufsleben, war lange vorhersehbar: Unser Land ist deswegen darauf angewiesen, dass alle Jugendlichen mit bestmöglichen Kompetenzen die Schulen verlassen. Es wurde allerdings versäumt, die Schulen grundsätzlich entsprechend aufzustellen.
Die PISA-Studien belegen seit Jahren, dass mehr als 25% der Viertklässler den Mindeststandard in Mathematik und Deutsch nicht erreichen.
Bildungspanik - Warum wurden die Schulen nicht, entsprechend bestehender Expertisen, funktionstüchtig transformiert?
Einer der Gründe liegt darin, dass um den Zugang zu den Hochschulen über Gesamt‐, Gemeinschaftsschulen oder Gymnasien mit harten Bandagen gekämpft wird. Das akademisch gebildete Bürgertum verteidigt seine Statusvorteile und droht mit der Auswanderung aus dem öffentlichen Schulsystem, wenn ihm mit dem Gymnasium die Leitinstitution der schulischen Bildung abhanden zu kommen droht. „Bildungspanik“ bricht aus, wenn die schulische Bildung nicht mehr differenzieren und selektieren soll.
Ängste und Druck bestimmen dadurch den Bildungsbereich. Aussagen von Eltern: „Die Grundschule stehen wir durch - und dann geht mein Kind aufs Gymnasium“, belegen das. Diese Haltung wird erst verschwinden, wenn alle Eltern das Vertrauen haben können, dass ihr Kind an seiner Schule gut aufgehoben ist, und jedes Kind sein Potential im gemeinsamen Lernen wirklich entfalten kann. Dafür braucht es eine gemeinschaftlich getragene Neuausrichtung der Bildungspolitik, die aus dem überzeugten Reden von Chancengleichheit in konsequentes Handeln findet.
Fazit
Bildung ist die Grundlage für innovative und produktive Betriebe in unserem Land. Wir verlieren aber in unseren Schulen zu viele Jugendliche. Gerade in Zeiten des demographischen Fachkräftemangels ist es entscheidend, hier gemeinsam für Bildungswandel zu sorgen.
Wir brauchen funktionsfähige, in die Umgebung geöffnete Schulen, die alle Kinder real zu ihrem individuellen Leistungsvermögen führen. Helfen Sie bitte mit, dass Baden-Württemberg solche Schulen schafft.
Unterstützen Sie bitte die Forderungen der Petition Neue Lernkultur - jetzt!, damit im kommenden Koalitionsvertrag 2026 wesentliche Schritte dafür vereinbart werden.
Sprechen Sie mit anderen Menschen darüber - wirken Sie mit Ihren Möglichkeiten mit, eine Trendwende in BW zu erzeugen.